Den Schmerzkörper kennenlernen und integrieren

von | März 2, 2025 | Trennungsschmerz | 0 Kommentare

Eine Trennung kann eine so tiefgreifende Herausforderung sein, dass man zeitweise die Orientierung verliert. Die Gefühle von Zugehörigkeit und Geborgenheit, das Vertrauen in den anderen und in sich selbst sind brüchig und fragwürdig geworden. Diese Orientierungslosigkeit ist zwar vorübergehend, jedoch schwer auszuhalten.

In dieser verletzlichen Situation kann es leicht passieren, dass verdrängter, emotionaler Restschmerz aktiviert wird: der sogenannte Schmerzkörper. Die Unterscheidung zwischen aktuellem Liebeskummer und aktivierten Restschmerz war für mich, während meiner Trennung enorm wichtig und heilsam.
Liebeskummer tut weh – emotionaler Restschmerz jedoch quält und entwertet.
Was ist nun genau mit dem Begriff „Schmerzkörper“ gemeint? Wie kannst du ihn an seiner Sprache erkennen und einen bewussten, konstruktiven Umgang mit ihm gestalten?

Ich habe grossen Respekt vor der unbewussten und unkontrollierten Eigendynamik des Schmerzkörpers. Traumatisierte Menschen sollten sich an einen Traumatherapeuten wenden.

Doch jeder heilsame Prozess beginnt mit dem Annehmen dessen, was ist. Das mag herausfordernd sein, doch es ist auch eine Chance. Sobald du den Schmerzkörper erkennst, verlierst du dich nicht mehr in ihm. Mit Bewusstsein und zunehmender Sicherheit kannst du dich aus seinem Griff lösen – hin zu mehr Selbstvertrauen und eigener Wertschätzung.

Alten Schmerz wahrnehmen.

Niemand möchte emotionalen Schmerz erfahren und fühlen. Emotionale oder physische Verletzungen, die dir hauptsächlich in deiner Kindheit widerfahren sind, können wenn sie unbearbeitet bleiben, einen Restschmerz in deinem Körper und in deiner emotionalen Gestimmtheit hinterlassen.

Die meiste Zeit ist dieser fragmentierte Schmerz subtil im Hintergrund. Doch er kann aktiviert werden – durch reale Situationen oder Erinnerungen, die mit Hilflosigkeit, Verlustangst, Kränkungen oder körperlicher Verletzung in Verbindung stehen.

Alles kann diesen Restschmerz auslösen – oft genügt ein einziger Gedanke oder eine unbedachte Bemerkung. Selbst unbegründete Gefühle von fehlender Zuwendung und Aufmerksamkeit können ausreichen, um diesen ruhenden Schmerz aktiv werden zu lassen.

Wie kannst du den Schmerzkörper erkennen?

Wenn der Schmerzkörper aus seinem Ruhezustand aktiv wird, kannst du ihn als Verstimmung, Verärgerung oder auch als schlechte Laune bis hin zu depressiver Verstimmung wahrnehmen.
Auf körperlicher Ebene können plötzlich Schmerzen auftreten oder eine veränderte Körperwahrnehmung.

Eckhart Tolle beschreibt diesen energetischen Komplex als den Schmerzkörper. Seine Dynamik gleicht einem Schwungrad, das durch neuen Schmerz zunehmend an Kraft gewinnt. Schmerz kann sich nur durch Schmerz und Angst aufrechterhalten. In der Präsenz von Angst und Hilflosigkeit findet Freude keinen Raum.

Verdrängter Schmerz möchte gesehen und anerkannt werden – dadurch verliert er seine Macht.

In der Annäherung an den Schmerzkörper geht es zunächst darum, die Angst vor der Auseinandersetzung mit emotionalem Schmerz zu verlieren. Denn im Grunde ist dieser Schmerzkörper eine Erinnerung, eine Art Schatten ohne wirkliche Substanz.

Ich umschreibe diesen energetischen Komplex als ein es als Schmerzresonanzfeld, das einzig auf Anerkennung wartet.

Angst und Wut fühlen sich jedoch so real an! Was kannst du tun?

Es darf dir bewusst sein, dass es sich um verdrängten, nicht erlösten Restschmerz aus der Vergangenheit handelt. Die Angst und Hilflosigkeit, die du jetzt spürst, sind dir bereits aus früheren Erfahrungen bekannt.

Wichtig ist, zu erkennen, welche Situationen dein Schmerzresonanzfeld aktivieren. Beobachte, mit welchen Themen und Situationen du automatisch in Resonanz gehst.
Versuche, ohne Bewertung auf Veränderungen in deiner Sprache, deiner Gestimmtheit oder deinem Körper zu achten – bis hin zu deinen nächtlichen Träumen. Es geht darum, bewusst zu erfahren, was dich triggert.

Wichtig zu wissen: Der Schmerzkörper spricht immer dieselbe abwertende Sprache: Sein Ziel ist es, dein gesamtes Erleben und Denken negativ einzufärben. Es geht darum, dich zu schwächen, kleinzumachen, zu entmutigen und abzuwerten. Im schlimmsten Fall, dich an den Rand von Verzweiflung und Ohnmacht treiben.

Indem du die Sprache des Schmerzkörpers kennst und nicht darauf hörst, bremst du seine Schwungkraft aus. Und deine Bedingungen kennen, die dein Schmerzresonanzfeld aktivieren, nehmen dem ganzen Prozess bereits den Wind aus den Segeln.

Widerstand

An diesem Punkt ist mit Widerstand des Schmerzkörpers zu rechnen. Dieses innere Sabotagemonster wird nun versuchen, dir die schlimmsten Gedanken und Gefühle einzuflüstern. Bitte höre dir das an, aber schenke diesen Gedanken und Gefühlen keine zusätzliche Aufmerksamkeit.
Lass dich auf keine Abwertung ein. Erkenne in deinen negativen Gedanken und Gefühlen den Schmerzkörper, der aktiv werden möchte. Benenne dein Erkennen laut und klar: Aha, da zeigt sich mein Schmerzkörper. Gut, dass du dich zeigst – ich kenn dich.

Mit dem Schmerz in den Dialog gehen.

Wir haben immer die Wahl, wie wir dem Leben antworten – auch wenn es sich nicht so anfühlt, weil die Angst vor dem Schmerz so mächtig erscheint. Doch selbst hier hast du eine Wahl: Wie begegnest du diesem inneren Sabotagemonster?

Im Wesentlichen geht es darum, in den Dialog mit dem Schmerz zu treten. Denn dieser Schmerz will nur eines: Beachtung und Anerkennung.

Stell dir ein wütendes kleines Kind vor, das leidet und wild um sich schlägt, weil es keine Zuwendung, keinen Schutz, keinen Trost und keine Zuversicht bekommt.

Integration des Schmerzkörpers

Es zeigt sich, dass die Furcht, vor diesem bedürftigen Sabotagemonster oft übertrieben ist. Respekt vor seiner unbewussten Eigendynamik ist jedoch angebracht.
Bedenke: Dieser innere verletzte Anteil will letztlich nur eines, Beachtung und Anerkennung.

Nimm diesen Schmerz an deine Hand wie ein kleines wütendes Kind. Stell dir vor, wie dieses kleine Kind an deiner Hand schimpft und tobt –doch glaube ihm nicht. Sieh hinter seine Worte: Es wurde verlassen, getäuscht, vielleicht sogar missbraucht – es kennt momentan keine andere Sprache.

Halte seinen abwertenden Worten stand:

„Ja, leider erzählst du mir nichts Neues. In deinen Augen habe ich versagt und nichts Gutes verdient. Das hast du mir schon hundertmal zugeflüstert. Alles altbekannt und ziemlich madig. Du kannst ruhig bei mir bleiben und weiter wüten, aber ich höre dir nicht länger zu.
So ist es nun – ich halte dich, aber ich entscheide, wie ich dir zuhöre.“

Das wütende, enttäuschte Kind wird sich beruhigen. Und dann kannst du es fragen, was ihm fehlt. Höre genau hin – mit Mitgefühl, du wirst es verstehen.

Diesen Prozess wirst du mehrmals durchlaufen, bis dieser innere verletzte Anteil wieder Zutrauen gefunden hat. Habe nicht so Angst davor, es ist ein schöner versöhnlicher Weg.

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